SECHZIGMÃœNCHEN.
 

Blick zurück: Saison 1975/1976.

Das Löwen-Team in der Saison 1975/1976. Am Ende reichte es nur zu Platz vier in der 2. Bundesliga Süd. 

Erneut wurden die Hoffnungen der Löwen-Fans enttäuscht, obwohl der Saisonstart mit 7:1 Punkten verheißungsvoll verlief. Am Ende der Spielzeit 1975/1976 reichte es als Vierter nicht zu einem Aufstiegsplatz. Danach kündigte die Vereinsführung für das kommende Spieljahr einen rigorosen Sparkurs an. Toptorjäger Ferdl Keller, der als Zweitligaspieler in der Nationalmannschaft debütiert hatte, verließ nach der Saison die Sechzger in Richtung Hamburg. 

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Die finanzielle Situation nahm bei den Löwen immer bedrohliche Ausmaße an. Der neue Präsident Dr. Erich Riedl, Mitglied des Bundestages und Haushaltsexperte, versprach den Fans, den Verein zu sanieren. Am schnellsten und einfachsten wäre das natürlich in der Bundesliga zu erreichen gewesen.

Doch finanzielle Mittel für große Verstärkungen fehlten. „Ich sehe zuversichtlich in die Zukunft“, machte Trainer Heinz Lucas in Optimismus, monierte aber die hohen Grundgehälter im Team. Vom KSC kam Hans Haunstein, der mit den Badener in der Saison zuvor den Bundesliga-Aufstieg perfekt gemacht hatte, vom VfB Stuttgart Nachwuchstalent Heinz Tochtermann. Und im Winter verstärkte Peter Falter, der mit Bayer Uerdingen in der Bundesliga spielte, die Offensive.

Dabei hatte die Saison wieder mal einigermaßen hoffnungsvoll begonnen. Zwar verloren die Löwen wieder das Privatspiel gegen den FC Bayern mit 0:3, aber der Punktspielstart verlief nach Plan. Einem 0:0 in Schweinfurt folgte ein 6:0 gegen Reutlingen mit drei Toren von Schorsch Metzger. Anschließend gewann man in Bad Kreuznach 2:1 und eine Woche später wurde auch der 1. FC Nürnberg besiegt. 50.000 Besucher im Olympiastadion sahen das 1:0 durch ein Tor von Metzger.

Anschließend ging’s zum Schlager nach Stuttgart. Der VfB war mit 8:0-Punkten Erster, die Löwen Zweiter. Heinz Lubanski schoss das Tor beim 1:1. Anschließend antwortete Trainer Lucas auf die Frage, ob er seiner Mannschaft den Aufstieg zutraue: „Ich weiß, dass ein halbes Pfund Rindfleisch und ein halbes Pfund Knochen eine gute Brühe gibt. Mehr weiß ich nicht.“ Er tat gut daran, denn das 1:1 gegen den 1. FC Saarbrücken (wieder waren fast 50.000 Zuschauer gekommen) enttäuschte die Fans, und am 7. Spieltag war die erste Niederlage fällig: 1:4 beim FK Pirmasens.

Bis zum Ende der Vorrunde hielten die Löwen aber immer Tuchfühlung zu den Aufstiegsplätzen. Nach der Halbserie lagen sie mit 25:13-Punkten auf Rang drei, fünf Zähler hinter dem Ersten, 1. FC Saarbrücken, und drei Punkte hinter dem Zweiten, 1. FC Nürnberg. Doch daran konnten die Löwen im ersten Halbjahr 1976 nicht mehr anknüpfen. Mitte der Rückrunde folgten drei Niederlagen in Folge (davon zwei zu Hause gegen Mainz und Völklingen). Damit war der Fall erledigt. Trainer Lucas überlegte öffentlich, ob er zum Saisonende gehen solle und schimpfte nach dem 0:3 in Homburg für ihn ungewohnt deutlich: „Was wir gespielt haben, hatte Kreisklassen-Niveau.“

Zum Ende der Saison machte sich einmal mehr Tristesse breit. Beim letzten Heimspiel der Saison gegen Waldhof Mannheim verloren sich gerade noch 1.500 Zuschauer im Olympiastadion, etwa 1.000 davon hatten Eintritt gezahlt, was eine Bruttoeinnahme von lächerlichen 7.500 Mark ausmachte. Womit eben mal noch die Siegprämie für die Spieler bezahlt werden konnte. Aber die Besucher verhöhnten trotz des 2:1-Erfolges ihre Mannschaft, vor allem Ferdl Keller, der auch die allerbesten Chancen nicht im Tor unterbrachte und sich in Gedanken wohl schon bei seinem neuen Verein, dem Hamburger SV, befand.

Im allerletzten Spiel, bei Darmstadt 98, ließ man sich zum „krönenden“ Abschluss noch mal fünf Stück einschenken und die Vereinsführung kündigte für die neue Saison an, dass man einen noch rigoroseren Sparkurs fahren werde als bisher. Mit 22:16 Punkten belegten die Löwen in der Tabelle der zweiten Halbserie nur Rang neun, was schlussendlich Platz vier in der Gesamtabrechnung mit sieben Zählern Rückstand auf den Club als Zweiter bedeutete.

Was aber viel schlimmer war: Unterm Strich kamen nur etwas mehr als 14.000 Zuschauer im Schnitt zu den Heimspielen, was gegenüber der Vorsaison ein Minus von weit über 9.000 Besuchern pro Partie im Olympiastadion für die klammen Löwen bedeutete.

Zudem gab’s in der Führung Probleme, nachdem Walter Kraus aus gesundheitlichen Gründen als Fußballchef abgetreten war. Von der Bildfläche war zu dieser Zeit auch längst wieder ein gewisser Gerard Schoonewille, den die Sechziger zu Saisonbeginn als neuen Regisseur verpflichtet hatten, verschwunden. Der Holländer schlug zwar prächtige 50-Meter-Pässe, aber meist nur aus dem Stand. Laufen und Kämpfen war seine Sache nicht. Es blieb bei acht Einsätzen ohne Tor für die Sechzger.


KURIOSES

Kellers Debüt in der DFB-Auswahl
Ein Zweitliga-Spieler im Team der Deutschen A-Nationalmannschaft. Ferdl Keller, der Löwen-Torjäger, war der Glückliche, und dem TSV 1860 tat’s auch ganz gut, nach vielen frustrierenden Jahren mal wieder positiv im Blickpunkt von ganz Fußball-Deutschland zu stehen. Helmut Schön hatte Keller fürs Länderspiel gegen Österreich am 3. September 1975 in Wien nominiert, nachdem der 29-Jährige am Tag zuvor in Augsburg beim Aufeinandertreffen der B-Teams beider Länder eine überragende Partie geboten hatte. Nach 70 Minuten schlug dann in Wien die große Stunde für den Ferdl. Helmut Schön wechselte ihn für den Gladbacher „Hacki“ Wimmer ein und Keller hatte trotz der relativ kurzen Zeit, die er mitmachen durfte, durchaus noch einige ansprechende Aktionen zu bieten. Die deutsche Mannschaft gewann mit 2:0, beide Treffer erzielte Erich Beer, der sechs Jahre später ebenfalls zu den Löwen wechselte. Für Ferdinand Keller blieb’s das einzige Länderspiel, aber er kann immerhin von sich behaupten, nach Sigi Held, der 1972 als Spieler von Kickers Offenbach im DFB-Team debütierte, der zweite Fußballer gewesen zu sein, der in der Bundesliga-Ära als Zweitliga-Kicker in der A-Nationalmannschaft spielen durfte.

Afrika-Tournee in der Winterpause
Ungewöhnliches Trainingslager: In der Winterpause der Saison absolvierte der TSV 1860 München eine Länderspielreise in die beiden zentralafrikanischen Staaten Gabun und Kongo. Am Silvestertag 1975 stand für die Löwen in Libreville ein Vergleich mit der Nationalmannschaft von Gabun auf dem Programm. Der deutsche Zweitligist gewann durch die Treffer von Willi Bierofka und Ferdinand Keller mit 2:0. „Außer den Spielstätten habe ich da mit 19 Jahren auch Elendsviertel gesehen. Sowas verändert den Blick auf vieles“, erinnert sich Heinz Tochtermann, für den die Reise bis heute ein unvergessenes Erlebnis ist. Der 14-malige Jugendnationalspieler, der mit sechs Bundesliga-Einsätzen für den VfB Stuttgart (1 Tor) im Sommer 1975 zu den Löwen kam, ist heute im Vorruhestand und trainiert den SV Ascholding, mit dem er zurzeit die A-Klasse 4 in Oberbayern anführt.


INTERVIEW MIT WILLI BIEROFKA

Der gebürtige Münchner Wilhelm „Willi“ Bierofgka kam 1973 vom SC Fürstenfeldbruck zu den Löwen. Max Merkel schulte den Linksaußen in der Spielzeit 1974/1975 zum Verteidiger um. Seine besten Spiele absolvierte Bierofka beim Bundesliga-Aufstieg 1977, als er in der zweiten und dritten Relegationspartie gegen Arminia Bielefeld den zuvor bärenstarken Ewald Lienen an die Kette legte. Bereits in der Saison 1978/1979 musste er als Sportinvalide seine Karriere beenden. Als Trainer kehrte er 1988 zu den Löwen zurück.

Als Vierter verpassten die Löwen in der Saison 1975/76 erneut den Aufstieg. Woran können Sie sich noch erinnern?
Willi Bierofka: Es fand ein Umbruch statt, nachdem Max Merkel auch nicht den Aufstieg geschafft hatte. Nach der Saison wurde nochmals ein Schnitt vollzogen, und mit einem Kader ohne Stars schaffte Heinz Lucas dann überraschenderweise den Aufstieg.

Was für ein Trainer war Heinz Lucas?
Bierofka: Ein sehr guter – vom Training und von der menschlichen Seite her. Er hatte einen guten Kontakt zu den Spielern, hat mit der Mannschaft mitgelebt und war mit vollem Herzen dabei. Die Nähe zu den Spielern wurde ihm dann in Zeiten, wo es nicht so gut lief, negativ ausgelegt und seine Gutmütigkeit ausgenutzt.

Sie spielten insgesamt fünf Jahre für die Löwen. Was waren Ihre persönlichen Highlights?
Bierofka: Das erste Jahr, als ich in der Saison 1973/1974 aus Fürstenfeldbruck zu Sechzig kam und mit Spielern wie Mrosko, Keller, Patzke oder Weller zusammen spielen durfte. Die Krönung war mit Sicherheit der Aufstieg in der Saison 76/77, das erste Bundesliga-Spiel im ausverkauften Olympiastadion gegen Schalke 04 und meine Nominierung für die B-Nationalmannschaft. Insgesamt erlebte ich eine super Zeit bei den Löwen. Auch heute hängt mein Herz immer noch an Sechzig. Schließlich war ich schon als kleiner Junge mit meinem Vater draußen im Grünwalder Stadion, habe damals Brunnenmeier und Radenkovic spielen sehen.

Wer war eigentlich der bessere Fußballer, Sie oder Ihr Sohn Daniel?
Bierofka: Mein Sohn war wesentlich besser als ich, weil er ganz andere Voraussetzungen mitgebracht hat. Er war schneller und technisch versierter.

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