Für viele kam es wie aus heiterem Himmel. Nach neuneinhalb Jahren, am 18. Oktober 2001, war die Ehe zwischen Werner Lorant und dem TSV 1860 beendet. Dabei lag das Team zu diesem Zeitpunkt der Saison 2001/2002 mit elf Punkten nach neun Spielen auf einem Mittelfeldplatz. „Es musste sein“, so die lapidare Begründung von Präsident Karl-Heinz Wildmoser. Es übernahm zunächst das Trainer-Duo Peter Pacult und Gerald Vanenburg, später war Pacult alleiniger Chefcoach. Die Spielzeit beendeten die Löwen auf dem 9. Platz.
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Trotz Differenzen in der Vorsaison herrschte zur Auftakt der Spielzeit 2001/2002 wieder eitel Sonnenschein zwischen Karl-Heinz Wildmoser und seinem Trainer. Präsident Wildmoser sprach Werner Lorant das Vertrauen aus, machte aber zugleich Druck, denn angesichts des höchsten Personaletats der Vereinsgeschichte war das Erreichen des UEFA-Pokals Pflicht.
Im Unterschied zu den Vorjahren hatten die Sechzger kräftig investiert. Ablösesummen in der Gesamthöhe von 9 Millionen Mark wurden kolportiert. Zwar kamen der belgische Nationalspieler Didier Dheedene (RSC Anderlecht), Samuel Ipoua (Mainz 05) und das schon länger beobachtete Ulmer Talent Sascha Rösler ablösefrei, doch für den österreichischen Mittelfeldspieler Markus Weissenberger mussten etwa 4 Millionen Mark an Arminia Bielefeld überwiesen werden. Weissenberger sollte langfristig die Rolle von Thomas Häßler von zentralen Mittelfeld übernehmen. Für den nach vielen Jahren zu den Löwen zurückkehrenden Michael Wiesinger gingen etwa 1,5 Millionen Mark an die Bayern. Dazu wurde der bisher nur ausgeliehene Vidar Riseth wurde für rund 3 Millionen Mark fest verpflichtet. Die Transfererlöse hielten sich dagegen in Grenzen. Der 1. FC Kaiserslautern bzw. Hansa Rostock überwiesen jeweils für Thomas Riedl und Markus Beierle etwa 1,2 Millionen Mark. Im Herbst wechselte dann der von Lorant ausgemusterte Stephan Paßlack für etwa eine halbe Million Mark zum 1. FC Nürnberg.
Ohne Rücksicht auf die Teilnahme am UI-Cup zog Trainer Lorant sein Vorbereitungsprogramm konsequent durch. Der Versuch, den UEFA-Pokal über die Hintertür zu erreichen, scheiterte aber letztlich am Halbfinal-Gegner Newcastle United. Konnte man sich in der Vorrunde gegen Sartid Smederevo und RKC Waalwijk problemlos durchsetzen, war gegen die von Bobby Robson trainierten Briten Schluss. Obwohl Newcastle Stürmerstar Alan Shearer fehlte, konnten die Löwen keinen Sieg landen.
Zum Zeitpunkt des Rückspiels in Newcastle war der Saisonstart des TSV 1860 bereits missglückt. Der 1. FC Kaiserslautern war nach einer durchwachsenen Vorbereitung verunsichert im Olympiastadion angetreten, fegte aber die Löwen mit 4:0 vom Platz. Nach dem Auftaktdebakel hatte Lorant bei einem Salzburger Wettbüro sein Lauterer Pendant Andreas Brehme als Bundesligatrainer mit der größten Rauswurfwahrscheinlichkeit abgelöst.
Das zweite Spielging mit 0:2 in Köln ebenfalls verloren. Zugleich war in der Abendzeitung zu lesen, Mitglieder des Aufsichtsrats, darunter der bayerische Wissenschaftsminister Hans Zehetmair sowie Oberbürgermeister Christian Ude, seien ungehalten über das Auftreten des Trainers in der Öffentlichkeit. Diverse Lorant-Aussagen zu Mannschaft und Präsidium stießen auf Missfallen. Sowohl Zehetmair als auch Ude hätten sogar ihre weitere Mitarbeit im Aufsichtsrat infrage gestellt, sollte Lorants Vertrag über das Jahr 2003 hinaus verlängert werden. Das waren ganz neue Töne für den bei dahin unumstrittenen Trainer. Wildmoser erklärte allerdings am Sonntag nach dem Köln-Spiel in einer Fernsehsendung, Ude habe den AZ-Bericht in einem Telefongespräch dementiert. Was Ude seinerseits nicht bestätigen wollte
Das dritte Saisonspiel brachte ein 1:1 gegen den Hamburger SV und den ersten Punkt für die Löwen. Trotzdem belegten sie nach drei Spieltagen den letzten Platz. Dann folgte ein überraschendes 3:1 bei Werder Bremen. Wildmoser interpretierte den Erfolg als Antwort auf jene Kritiker betrachtete, die behaupteten, Lorant trainiere die Mannschaft kaputt. Der Trainer selbst fand sich ab der 67. Minute mal wieder auf der Tribüne, auf die ihn der Schiedsrichter wegen wiederholten Verlassens der Coaching Zone geschickt hatte. Der Unparteiische hatte zuvor zum Ärger Lorants Paul Agostino wegen einer angeblichen Tätlichkeit des Feldes verwiesen und einen Elfmeter gegen 1860 verhängt.
Direkt danach feierten die Sechzger gegen Nürnberg Rivalen gleich den zweiten Saisonsieg, ehe es bei Hertha BSC eine 1:2-Niederlage setzte. Gleich zwei Spieler mussten diesmal das Feld vorzeitig verlassen: Dheedene mit Gelb-Rot und kurz vor Schluss auch Riseth gemeinsam mit dem Herthaner Alex Alves. Es ging wechselhaft weiter: Einem 2:1 gegen Wolfsburg folgte ein 2:2 zu Hause gegen Rostock.
Und dann stand das Derby gegen den FC Bayern am 13. Oktober 2001 an: Ein Derby, das vor allem im Zeichen des bevorstehenden Bürgerentscheids in Sachen Stadionbau stand. Die Süddeutsche Zeitung kündigte das Spiel mit der Schlagzeile „Rot-Blau München United“ an. In der Stadt waren Plakate zu sehen, auf denen Thomas Häßler und Oliver Kahn gemeinsam für ein „Ja“ zum geplanten Neubau in Fröttmaning warben. Wenig Einigkeit herrschte anschließend auf dem Platz. Die Bayern landeten beim 5:1 ihren höchsten Derbysieg seit dem Wiederaufstieg des TSV 1860 in die Bundesliga 1994.
Fünf Tage später, am 18. Oktober 2001, verbreitete sich die Schlagzeile, mit der niemand gerechnet hatte: Werner Lorant ist entlassen! Nach fast neuneinhalbjähriger Tätigkeit bei den Löwen. Niemand hatte, trotz aller Differenzen, ernsthaft damit gerechnet. Auch die Derbyniederlage hatte keiner zum Anlass genommen, dass der Stuhl des Trainers wackeln könnte.
Die Nachricht von der Entlassung Lorants schlug wie eine Bombe ein. Am Vormittag um kurz nach 9 Uhr hatte Präsident Karl-Heinz Wildmoser dem Trainer auf der Geschäftsstelle mitgeteilt, dass es aus ist. „Es musste sein“, sagte der Löwen-Boss und führte als Begründung an: „Ich will nicht behaupten, dass die Mannschaft gegen den Trainer gespielt hat, aber als am Mittwoch nur noch elf Spieler im Training waren und alle anderen sich verletzt abgemeldet hatten, da wusste ich, dass etwas nicht stimmt.“ Wildmoser vermutete, dass zumindest ein Teil der Mannschaft gegen Lorant spielte. Ein Spieler gab zu: „Es gibt etliche Kollegen, die über die Entlassung des Trainers nicht traurig waren.“
Lorant verabschiedete sich auch nicht mehr von der Mannschaft, sagte nur kurz im Löwenstüberl „Servus“ und brauste dann davon. Wutentbrannt mit Tränen in den Augen. Die Entlassung hatte ihm sehr, sehr wehgetan, wie er hinterher zugab. Vor allem, weil die Tabellensituation alles andere als brenzlig war. Man schrieb erst den 9. Spieltag und der TSV 1860 lag mit elf Punkten auf dem 10. Rang.
Trotzdem beharrte Wildmoser darauf, „dass es in dieser Saison einfach nicht mehr funktioniert hat. Wir haben in der Vergangenheit öfters schwierige Situationen durchgestanaden, aber diesmal ging‘s nicht mehr. Lorants Aussage nach dem Derby, dass ihm die Mannschaft nicht mehr zuhöre, hat mich erschrocken. Es ist ihm nicht mehr gelungen, die Spieler zu erreichen.“
Lorants Konter darauf: „Na dann ist es ja richtig so. Die Spieler sollen bestimmen, wie‘s in einem Verein läuft.“ Die Entscheidung über die Entlassung hatte Wildmoser am Mittwoch, einen Tag vorher, getroffen. Am späten Nachmittag hatte er dann Kontakt zu Gerald Vanenburg aufgenommen, gegen Mitternacht telefonierte er mit Peter Pacult. Der ehemalige Libero und der bisherige Co-Trainer sollten es jetzt als Trainer-Duo richten. Eine Entscheidung, die von Anfang an zum Scheitern verurteilt war.
Peter Pacult und Gerald Vanenburg starten mit einer Niederlage. Zwei Tage nach der Entlassung von Werner Lorant gab es auf Schalke ein 0:1. Dass sie von Lorant erlöst waren, merkte man den Spielern nicht unbedingt an. Pacult machte aus seiner Enttäuschung keinen Hehl: „Ein bisserl mehr hatte ich mir schon ausgerechnet“, sagte der frühere Torjäger.
Am unglücklichsten war Torhüter Simon Jentzsch. Er hatte in der 13. Minute nach einem Schuss von Ebbe Sand den Ball mit dem Fuß selbst über die Torlinie gedrückt. Einen Tag nach dem Spiel auf Schalke fand in München der Bürgerentscheid statt, ob das neue Stadion in Fröttmaning gebaut werden solle. Die Münchner entschieden sich mit 65,8 Prozent dafür.
Noch aber fanden die Heimspiele im Olympiastadion statt. Und dort verloren Pacult und Vanenburg bei ihrem ersten Heimauftritt mit 1:4 gegen Bayer Leverkusen, wobei die Gäste die letzten drei Tore in Unterzahl erzielten, nachdem Lucio vorn Platz geflogen war. „So etwas habe ich noch nie erlebt“, schimpfte Vanenburg, „wir müssen einfach mit Hirn spielen.“
Eine Woche später taten das die Löwen auf St. Pauli endlich. Treffer von Harald Cerny, Häßler sowie ein Eigentor von Cory Gibbs sorgten für den 3:0-Sieg am Millerntor und für tiefes Durchatmen bei Präsident Karl-Heinz Wildmoser. Eine dritte Niederlage nach dem Trainerwechsel hätte den LöwenBoss selbst in Erklärungsnot gebracht.
Aber Ruhe kehrte dennoch nicht ein. Am 7. November, nach nur 20 Tagen als Trainer beim TSV 1860, warf Vanenburg die Brocken hin. Das leidige Gerangel um die Kompetenzen mit Pacult bewog den Holländer zu einem Schlussstrich. „Peter und ich haben einfach nicht dasselbe gedacht über Fußball“, begründete er seinen Entschluss. „Ich habe geglaubt, dass ich mich hier mehr einbringen könnte und mehr Kompetenzen haben würde. Ich wollte nicht so arbeiten wie der Peter unter Werner Lorant. Weil ich nicht die zweite oder dritte Wahl bin. Ich bin doch kein Clown. Zum Hütchenaufstellen hätten sie einen anderen holen müssen.“
Wildmoser reagierte verwundert: „Es war von Anfang an klar, dass Vanenburg Co-Trainer wird. Zu mir hat er nie gesagt, dass er hier Chef werden will.“ Ein paar Tage später war der neue Mann gefunden: Reiner Maurer wurde Co-Trainer. Er und Pacult hatten 1994 als Spieler gemeinsam den Aufstieg in die Bundesliga geschafft.
Zu Maurers Einstand setzte es zwar eine 1:3-Heimniederlage gegen Borussia Dortmund, aber danach berappelten sich die Löwen, gewannen fünf der folgenden sechs Spiele (darunter in Freiburg, Stuttgart und Kaiserslautern) und beendete ihre Krise.
Mit 50 Punkten belegten die Löwen am Ende den 9. Platz und qualifizierten sich damit für die Teilnahme am UI-Cup. Allerdings verloren sie einen frisch gebackenen Nationalspieler. Daniel Bierofka verließ den TSV 1860 zum Saisonende in Richtung Leverkusen. 4,2 Millionen Euro, seit 1. Januar 2002 geb es die neue Währung, betrug die stattliche Ablösesumme für den 23- jährigen Außenbahnspieler. Grund zum Jubeln hatte erneut Martin Max. Der inzwischen fast 34-Jährige wurde mit 18 Treffern zum zweiten Mal Bundesliga-Torschützenkönig. Allerdings musste er sich diesmal die Trophäe mit dem Dortmunder Marcio Amoroso teilen.
KURIOSES
Trauer um Publikumsliebling Erhard
Die Nachricht schockte alle Löwen-Fans und versetzte sie in tiefe Trauer. Am 21. Februar 2002 nahm sich Guido Erhard das Leben! Der bei den 1860-Anhängern so beliebte Stürmer, der von 1990 bis 1995 unter Vertrag stand, warf sich im Offenbacher Hauptbahnhof vor einen ICE. Guido, der nur 32 Jahre wurde, zog einen Schlusstrich, nachdem er die Jahre zuvor immer wieder in psychiatrischer Behandlung war. Kaum zu glauben: Der einstige Sonnyboy litt unter manischen Depressionen und kam mit seinem Leben nicht mehr zurecht. Viele ehemalige Mannschaftskollegen gaben Erhard bei der Beerdigung in Nürnberg die letzte Ehre.
Max‘ geplatzter WM-Traum
Am 17. April 2002 ging im Stuttgarter Gottlieb-Daimler-Stadion für Martin Max im Alter von 33 Jahren ein Kindheitstraum in Erfülluung. Der Löwen-Stürmer gab beim 1:2 gegen Argentinien sein Debüt in der A-Nationalmannschaft. Auch wenn‘s nur zwölf Minuten (inklusive Nachspielzeit) waren, Max war stolz wie Oskar, nachdem er für Torsten Frings eingewechselt worden war. „Jetzt habe ich endlich mein Länderspiel sagte der Goalgetter, der als Führender der Bundesligatorschützenliste (16 Treffer) nach Stuttgart angereist war. Sein größter Traum ging allerdings nicht in Erfüllung. Teamchef Rudi Völler nominierte Martin Max einige Wochen später nicht für die Weltmeisterschaft in Japan und Südkorea. Obwohl Max bereits zum zweiten Mal Bundesliga-Torschützenkönig geworden war, zog Völler ihm Carsten Jancker vor. Die Empfehlung des Bayern-Stürmers: Null Bundesligatore in der gesamten Saison. Kein Wunder, dass der Löwen-Torjäger nach der Entscheidung des Teamchefs die Welt nicht mehr verstand. Und mit ihm schüttelten viele Fußball-Fans in Deutschland ungläubig den Kopf.
Weltstar Suker wird ein Löwe
Am 16. November 2001 betrat er zum ersten Mal Weltstar Davor Suker den Trainingsplatz des TSV 1860 an der Grünwalder Straße 114. Der Torschützenkönig der Weltmeisterschaft von 1998 (sechs Treffer) wurde ein Löwe. Für Real Madrid hatte Suker gestürmt, ebenso für Arsenal London, den FC Sevilla und Westharn United. Kroatien hatte er bei der WM 1998 auf Platz drei geschossen und nun sollte Suker, auch wenn er schon fast 34 war, den Sechzgern mit seinen Toren weiterhelfen. Allzu viele sind es dann doch nicht geworden (fünf in 25 Bundesligaspielen), aber Suker tat den Löwen trotzdem gut. Allein seine Präsenz, seine Erfahrung und seine Cleverness erwiesen sich als sehr wertvoll, ebenso wie die Tatsache, dass der Weltstar im Umgang äußerst pflegeleicht war. Immer freundlich zu den Fans, keine Spur arrogant und stets ein Lächeln auf den Lippen. Oft auch ein verschmitztes. Er wusste eben, auf was ankam. Auf die Frage, welche deutschen Wörter er schon kenne, antwortete er grinsend: „Einmal Löwe, immer Löwe.“ Na ja. Seine Zeit bei den Blauen war dann doch relativ begrenzt. Im Sommer 2003 verließ Suker den TSV 1860 wieder. Seit 5. Juli 2012 ist er Präsident des kroatischen Fußballverbandes. Zuvor sorgte er nochmals in der bayerischen Landeshauptstadt für Schlagzeilen. Im Oktober 2011 wurde Suker vom Münchener Landgericht zu einer Geldstrafe von 8.000 Euro wegen Unterschlagung verurteilt, weil er auf einem Linienflug von Mailand nach London vier antike griechische Goldmünzen im Wert von 25.000 Euro in einem Ablagefach gefunden hatte. Statt den Fund zu melden, behielt er die Münzen und schenkte sie einer Freundin aus München. Als diese bei einem Goldhändler den Wert schätzen lassen wollte, erstattete dieser Anzeige. Der Münzfachmann hatte gewusst, dass der Vorbesitzer der Münzen sein Eigentum vermisst.
INTERVIEW MIT THOMAS HÄSSLER
Thomas Häßler spielte ab 1999 vier Jahre für die Löwen, erzielte in 115 Bundesliga-Spielen 21 Tore, und bereitete 24 weitere vor. Seinen größten Erfolg feierte der gebürtige Berliner 1990 mit der Nationalmannschaft, als er mit seinen Kollegen im WM-Finale in Italien Argentinien mit 1:0 bezwang. 2003 verließ der 101-fache Nationalspieler die Sechzger in Richtung Salzburg, wo er seine Karriere bei der Austria ausklingen ließ.
Können Sie sich noch an die Spielzeit 2001/2002 erinnern?
Thomas Häßler: Wir hatten einen katastrophalen Auftakt. Am 1. Spieltag verloren wir zu Hause gegen den 1. FC Kaiserslautern mit 0:4, danach in Köln mit 0:2. Anschließend wurde es besser. Bis zum 8. Spieltag hatten wir wenigstens elf Punkte. Dann kam das Derby. Wir spielten schlecht und verloren 1:5.
Kurz danach war die Uhr für Trainer Werner Lorant abgelaufen. Präsident Karl-Heinz Wildmoser entließ den Trainer auf Platz zehn liegend nach neuneinhalb erfolgreichen Jahren bei den Löwen. Kam diese Entscheidung für Sie überraschend?
Häßler: Schon. Aber der Trainer ist immer das schwächste Glied in der Kette. Wenn es nicht läuft, muss er als erster gehen. Wieso Lorant letztlich entlassen wurde, kann ich nicht sagen. Sportlich lagen wir gar nicht so schlecht.
Danach gab es eine Doppellösung mit Peter Pacult und Gerald Vanenburg als Trainer. Mit Vanenburg hatten Sie selbst noch zusammen gespielt.
Häßler: Gerald ist ein ganz feiner Mensch. Für mich war es eine Ehre, mit einem solchen Fußballer wie ihm zusammen spielen zu dürfen. Leider hatte er große Probleme mit seinen Knien, weshalb er seine aktive Karriere beenden musste.
Aber das Zusammenspiel mit Pacult als Trainer klappte nicht ...
Häßler: Ich habe nicht verstanden, wieso man beide zu gleichberechtigten Trainern gemacht hat. Einer muss einfach das Sagen haben. Und Gerald ist nicht der Typ, der im zweiten Glied steht. Sein Rücktritt war deshalb die logische Konsequenz.
Wie hat sich das ganze Trainer-Hick-Hack auf die Mannschaft ausgewirkt?
Häßler: Das waren zwei Schockmomente, erst Werner Lorant, dann Gerald Vanenburg, mit dem viele noch zusammen gespielt hatten. Aber wir haben gezeigt, dass wir Kerle sind, dass wir den Arsch in der Hose haben und versucht, noch das Beste aus der Saison zu machen. Am Ende konnten wir uns als Neunter noch für den UI-Cup qualifizieren.
Martin Max wurde in dieser Saison mit 18 Treffern zum zweiten Mal Torschützenkönig im Trikot der Löwen - auch ein Verdienst von Ihnen als Vorbereiter ...
Häßler: Ja, ich durfte ihm ein paar Tore auflegen. Der Martin war ein sensationeller Stürmer gewesen, mit dem ich sehr gerne zusammen gespielt habe. Wir haben gut miteinander harmoniert. Für mich war er der beste deutsche Stürmer zu dieser Zeit. Aus diesem Grund habe ich nie verstanden, warum er nie eine echte Chance, sich in der Nationalmannschaft zu präsentieren, bekommen hat - außer ein paar Minuten gegen Argentinien. Er war zu Recht zweimal Torschützenkönig, auch, weil er den besten Zuspieler hatte (lacht!).