Für viele ist sie seit Jahrzehnten eine Konstante beim TSV 1860 München. Regine Grübel von der Mitgliederverwaltung des Vereins ist nun auch vom Alter her eine richtige Sechzgerin. Heute feiert sie ihren 60. Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch.
Ungern steht Regine Grübel im Mittelpunkt. Am liebsten hält sie sich im Hintergrund, egal ob bei Mitgliederversammlungen oder dem Jahresfrühschoppen. Dabei hätte die Jubilarin viel zu erzählen. Als sie am 27. Juli 1977 ihre Ausbildung zur Bürokauffrau beim TSV 1860 München begann, hießen die Spieler der 1860-Profifußballer noch Alfred Kohlhäufl, Toni Nachreiner, Willy Bierofka, Jimmy Hartwig oder Schorsch Metzger. Trainer war Heinz Lucas.
Über das Arbeitsamt hatte sie das Stellenangebot bei den Sechzgern erhalten. Damals, mit 16 Jahren, wusste sie nicht, was auf sie zukommen würde. Zeit zum Überlegen blieb ihr keine, denn es musste sehr schnell gehen. „Ich bin aus der Schule raus und habe einen Tag später hier angefangen. Sie wollten mich sofort haben.“ Der Grund für die Eile: Die Löwen waren kurz zuvor in einer legendären Relegation gegen Arminia Bielefeld (0:4 auswärts, 4:0 zu Hause, 2:0 im Entscheidungsspiel im Frankfurter Waldstadion) in die Bundesliga zurückgekehrt. Die Mitgliederzahlen stiegen in der Folge rasant an. Auch der Ticketverkauf geriet an seine Grenzen. „Die Mitglieder hatten wir auf Karteikarten, die Tickets haben wir von Hand gezählt, die Leute kamen in die Geschäftsstelle zur Barzahlung“, erzählte sie im Januar 2020 gegenüber der Süddeutschen Zeitung in der Serie „Die Loyalen“, in der Menschen portraitiert wurden, die eine ungewöhnlich lange Beziehung zu ein und demselben Verein verbindet.
Als nach Beendigung der zweijährigen Ausbildung 1979 die Stelle in der Mitgliederverwaltung des TSV 1860 vakant wurde, war Regine Grübel die erste, die sich darum bemühte. „Ich wollte immer einen Job, bei dem ich Kontakt zu Menschen habe. Anfangs war ich im Vorzimmer des Geschäftsführers gesessen, doch das war definitiv nicht mein Ding.“ So bezog sie ihr Büro in der Auenstraße, erst später erfolgte der Umzug an die Grünwalder Straße, wo sich ursprünglich nur die Fußballer aufgehalten hatten. „Fußball ist bei den Löwen nicht alles. Wir haben ja auch Boxer, Skisportler, Wassersportler …“ Sogar einige kuriose Abteilungen gehörten dem TSV 1860 an. So gab es einst eine Faltbootabteilung, eine Motorsportabteilung, eine Tanzabteilung sowie eine Naturriege.
Als Regine Grübel bei den Löwen begann, hatte sie noch 5.000 Mitglieder zu verwalten. Mittlerweile hat sich diese Zahl mehr als vervielfacht, das Angebot ist mit fast 50 unterschiedlichen Sportarten in dem Großverein enorm angewachsen. Den ersten Computer bekam Sechzig 1987. Trotzdem wurde der Verwaltungsaufwand nicht weniger. „Für mich als Halbtagskraft kommt da eine ganze Menge zusammen“, so Regine Grübel. Gerade in den Stoßzeiten im Juli, wenn viele Kündigungen und Neuanträge zu bearbeiten sind, gibt es einen gewissen Bearbeitungsstau. Die Aufarbeitung nimmt dann durchaus ein paar Wochen in Anspruch, zumal zeitgleich immer Arbeiten anstehen, die sofort erledigt werden müssen. „Da gibt es Geburtstagsglückwünsche, aber natürlich auch traurige Dinge wie Beileidsschreiben.“ Bei verstorbenen Mitgliedern, die bereits mehrere Jahrzehnte im Verein waren oder sogar eine Funktion inne hatten, werden zudem noch Kränze für die Beerdigung organisiert. Die letzte Ehre sei schließlich auch eine letzte persönliche Danksagung des Vereins an das Mitglied.
Regine Grübel, Mutter von zwei erwachsenen Kindern, ist jedoch eher erfreut, wenn Neugeborene im Verein angemeldet werden. „Gerade auf der Welt und schon Löwenmitglied, das erstaunt mich immer wieder.“ Die Treue zum Verein sei beim TSV 1860 einmalig, auch wenn es hin und wieder schwierige Zeiten gebe.
So auch zuletzt im Sommer 2017, als die erste Mannschaft der Fußballer bis in die 4. Liga abgestiegen war. Für Regine Grübel ein Déjà-vu. Bereits 1982 erlebte sie den Lizenzentzug und die nachfolgende „Jetzt erst recht“-Stimmung im Verein. „Sowohl die Fans als auch alle Mitarbeiter haben mitgezogen. Auch wenn es irgendwie komisch klingt: Der Lizenzentzug hat uns letztendlich enger zusammengeschweißt.“ Beim ersten Spiel in der Bayernliga kamen 28.000 Zuschauer ins Städtische Stadion an der Grünwalder Straße. Grübel musste beim Kartenverkauf helfen. „Wir saßen damals ja alle in einem Büro. Sowohl die Geschäftsstelle, als auch der Fanartikelverkauf und der Kartenvorverkauf. Was man sich heute gar nicht mehr vorstellen kann: Wir haben damals alles mit der Hand gemacht, jedes Ticket einzeln gezählt.“
Technisch waren die Löwen 2017 anders aufgestellt, durch die Ausgliederung der Profifußballer in eine Gesellschaft hatte Grübel auch nichts mehr mit dem Kartenverkauf zu tun. Die Mechanismen in einem der schwärzesten Stunden des Vereins hatten sich aber auch 35 Jahre später nicht geändert. Wieder erlebte sie, was der Spruch „Einmal Löwe, immer Löwe“ für die Fans bedeutet. Nicht nur, dass fortan jedes Spiel im Grünwalder Stadion ausverkauft war. „Auf einen Schlag hatten wir 2.000 neue Mitgliedsanträge“, sagt sie. „Nach wie vor arbeite ich in Teilzeit, aber damals hatte ich Sieben-Tage-Wochen, zwei Monate lang toujours, und die Kollegen haben auch noch mitgeholfen.“
Robert Reisinger ist bereits der 15. Präsident seit Erich Riedl, den Regine Grübel als Mitarbeiterin der Sechzger erlebt. „Ich bin mit jedem Präsidium gut zurecht gekommen“, lässt sie wissen, „sonst wäre ich nicht so lange hier.“ Aus der Vereinspolitik hält sie sich raus, versucht ihre Arbeit so gut wie möglich zu machen, was nicht immer leicht ist. Läuft es im Verein nicht rund, bekommt sie schon mal den Frust der Mitglieder ab – vor allem in Zeiten, wo der sportliche Erfolg ausbleibt.
Ihre Arbeit kann sie nur durch die Digitalisierung der Daten der über 23.000 Mitglieder überhaupt bewältigen. Nach wie vor fehlen aber wichtige Angaben von vielen Mitgliedern. „In der heutigen Zeit brauchen wir neben aktuellen Adressen natürlich auch Telefonnummern und E-Mail-Adressen. Viele teilen uns diese nicht mit.“ Gerade bei Adressänderungen komme es daher durchaus zu unangenehmen Zwischenfällen. „Wenn Mahnungen an falsche Adressen verschickt und daher nicht beantwortet werden, wird es oft ziemlich ungemütlich. Daher wäre es schön, wenn uns alle Mitglieder über Änderungen der Stammdaten auf dem Laufenden halten.“
Grübel legt nach wie großen Wert auf die persönliche Erreichbarkeit. „Zu meinen Bürozeiten kann jedes Mitglied mit mir persönlich sprechen. Das ist mir im Sinne des Vereins sehr wichtig.“ Gerade deshalb kennen sie viele Löwen. Ob Änderungen der Zahlungsweise, Neuanmeldungen, Beschwerden oder sonstige Probleme: Grübel steht Rede und Antwort, gibt bereitwillig Auskunft, am liebsten auf Bairisch. Mittlerweile wandelt ihr Sohn Florian in ihren Fußspuren. Der 21-Jährige macht beim TSV 1860 eine Ausbildung zum Kaufmann für Bürokommunikation, könnte in ein paar Jahren, wenn sie in Rente geht, ihr Nachfolger in der Mitgliederverwaltung werden. Auch er ist – kein Wunder – mit dem Sechzger-Virus infiziert.
Die Löwen gratulieren ihrer treuen Seele recht herzlich zum 60. Geburtstag und wünschen Dir, Regine, alles Gute, Gesundheit und weiterhin so viel Geduld und Engagement in der Mitgliederverwaltung des Vereins.