Wie jedes Jahr gibt’s auch heuer wieder einen kräftigen Wechsel in der 3. Liga. Sieben Teams in der 20er-Liga sind neu. Mit dem SV Wehen Wiesbaden, Hansa Rostock und VfL Osnabrück sind drei Zweitliga-Absteiger fix. Dazu kommen die Regionalliga-Aufsteiger FC Energie Cottbus, Alemannia Aachen, VfB Stuttgart II und Hannover 96 II. Nacheinander stellen wir die Neuen vor, diesmal den FC Energie Cottbus.
Nach fünf quälend langen Jahren ist der FCE zurück in der 3. Liga. Einmal mehr sorgte dabei Trainer Claus-Dieter „Pele“ Wollitz für ein Novum. In der entscheidenden Partie am letzten Spieltag saß der 58-jährige Ex-Profi wegen einer Gelbsperre auf der Tribüne. Von dort erlebte er den 2:0-Erfolg bei der Reserve von Hertha BSC, der den Gewinn der Meisterschaft und damit den direkten Aufstieg bedeutete.
Der Ex-Profi (u.a. Schalke, Kaiserslautern, Köln), bekannt für seine direkte, impulsive und emotionale Art, war von Sommer 2009 bis 8. Dezember 2011 das erste Mal Trainer der Lausitzer in der 2. Bundesliga. Das nächste Mal übernahm „Pele“ Wollitz Energie in der Endphase der Saison 2015/2016, konnte den Drittliga-Abstieg jedoch nicht verhindern. Anschließend formte er ein neues Team mit vielen jungen, hungrigen Spielern, stieg 2018 wieder auf. In einer dramatischen Spielzeit 2018/2019 musste der FCE am letzten Spieltag punktgleich mit Eintracht Braunschweig aufgrund der um einen Treffer schlechteren Tordifferenz wieder runter. Auch die Löwen spielten dabei eine nicht unwesentliche Rolle, weil sie – bereits gerettet – sang- und klanglos zum Abschluss 0:4 beim FC Carl Zeiss Jena unterlagen, womit sich die Thüringer an Cottbus vorbeischieben konnten.
Erneut nahm Wollitz danach den Wiederaufstieg ins Visier, aber diesmal kam die Pandemie dazwischen. In der Winterpause trennte man sich in beiderseitigem Einvernehmen trotz Tabellenführung. Nach einem Gastspiel beim 1. FC Magdeburg kehrte der Trainer zur Saison 2021/2022 ins Stadion der Freundschaft zurück, holte mit den Rot-Weißen 2023 die Meisterschaft, unterlag dann aber in einer dramatischen Relegation der SpVgg Unterhaching. Diesmal war der Nordost-Vertreter direkt qualifiziert.
Übrigens soll die kommende Spielzeit die letzte Saison für den gebürtigen Westfalen Wollitz auf der Trainerbank des FCE sein. Wie der Verein kürzlich bekanntgab, wird er ab der Spielzeit 2024/2025 ausschließlich die Funktion des Sportdirektors übernehmen.
Bis zur Winterpause sah es nicht danach aus, als ob Cottbus im fünften Anlauf die Rückkehr in die 3. Liga gelingen könnte. Durch die Aufstiegsspiele, die erst am 11. Juni 2023 endeten, hatte die Mannschaft gerade mal zwei Wochen Zeit zur Regeneration. Zur Winterpause wies der FCE fünf Punkte Rückstand auf den Greifswalder FC auf. Mit Maximilian Krauß, Maximilian Pronichev und Jan Shcherbakovski legten die Lausitzer aber für die Restrunde qualitativ nochmals nach. Das sollte sich im Endspurt auszahlen.
Ein Faustpfand sind die Fans der Cottbuser. Durchschnittlich sahen in der abgelaufenen Spielzeit 8.213 Besucher die Heimspiele, was in der Regionalliga für Energie einen Saisonrekord darstellte. Auch auswärts begleiteten die Anhänger ihr Team. Zum entschiedenen Spiel fuhren Tausende nach Berlin, sorgten für Heimspielatmosphäre.
Der Aufstieg ist letztlich der Erfolg einer gewachsenen Mannschaft, die nach der Meisterschaft im vergangenen Jahr und den verlorenen Aufstiegsspielen gegen Unterhaching nicht auseinandergebrochen war. Deshalb hatten viele im Umfeld gehofft, dass auch heuer der Kern der Aufstiegsmannschaft zusammenbleibt. Umso härter traf die Fans die Nachricht, dass sich der mit 21 Toren treffsicherste Spieler der vergangenen Saison, Tim Heike, in Richtung FC Ingolstadt 04 verabschiedet. Wenigstens verfügen Torhüter Elias Bethke (21), Abwehrchef Jonas Hildebrandt (27), Mittelfeldakteur Jonas Hofmann (27) und Allrounder Tobias Haase (28) über einen gültigen Vertrag. Sie sollen die Achse bilden, die in der 3. Liga bestehen kann. Auch Routinier Timmy Thiele (32) hat seinen Vertrag verlängert. Nun geht es vor allem darum, einen adäquaten Ersatz für Heike zu finden.
Wollitz, der insgesamt schon neun Jahre Trainer in Cottbus ist, zeigt sich optimistisch, dass sich sein Team im Profifußball etablieren kann. „In den letzten Wochen ist in Cottbus etwas Ehrliches entstanden“, sagte er gegenüber dem kicker. Sein Präsident Sebastian Lemke (40) träumte im Überschwang der Gefühle bei der Aufstiegsfeier sogar von der 2. Bundesliga, betonte aber sogleich, dass erst mal der Klassenerhalt für die kommende Saison das große Ziel sei.
DATEN & FAKTEN
Name: FC Energie Cottbus
Gründung: 31. Januar 1966
Mitglieder: 4.019 (April 2024)
Vereinsfarben Rot-Weiß
Größte Erfolge: Meister Regionalliga 2024, 2023, 2018, 1997; DFB-Pokal-Finalist 1997
Stadion: LEAG Energie Stadion (22.528 Plätze)
Homepage: www.fcenergie.de
Social Media: Facebook: @fcenergie; x.com: @Nur_Energie; Instagram: @fc_energie_cottbus_official; YouTube: @fcenergietv
Trainer: Claus-Dieter „Pele“ Wollitz (14.06.2021)
Letzte Saison: 1. Platz Regionalliga Nordost mit 71 Punkten aus 34 Spielen (Torverhältnis: 68:31)
Bester Torschütze: Tim Heike (21 Treffer)
Bilanz FCE gegen Sechzig: 22 Spiele, 6 Siege, 5 Unentschieden, 11 Niederlagen; Torverhältnis: 21:36
Spieler, die für beide Teams aktiv waren: u.a. Martin Kobylanski, Björn Ziegenbein, Fanol Perdedaj, Daniel Adlung, Mathias Fetsch, Gregg Berhalter, Jiayi Shao
KURIOSES
Tomislav Piplica, eine Legende in der Lausitz, stand 248 Mal für Energie Cottbus im Tor – oft zwischen Genie und Wahnsinn. Ein legendäres Eigentor machte den Bosnier weit über den Sport hinaus bekannt. Die Szene vom 6. April 2002 gegen Borussia Mönchengladbach ist als einer der kuriosesten Momente in die Geschichte der Bundesliga eingegangen. Der Cottbuser Torhüter hatte eine völlig harmlose Bogenlampe in der 85. Minute von Marcel Witeczek auf der Linie stehend mit dem Hinterkopf selbst ins Tor zum 3:3-Endstand befördert. TV-Moderator Stefan Raab lud ihn damals in seine Sendung „TV Total“ ein, verlieh ihm den „Raab der Woche“.
TRANSFERS (Stand: 31.05.2024)
Zugänge: Timo Bornemann (FC Wegberg-Beeck), Romario Hajrulla (Rot-Weiß Erfurt), Edgar Kaizer (FSV 63 Luckenwalde), Arnel Kujović (FC Baden)
Abgänge: Tim Heike (FC Ingolstadt 04), Jan Shcherbakovski (Dynamo Dresden/Leihende)