SECHZIGMÜNCHEN.
 

Die Neuen der 3. Liga: Alemannia Achen – Zurück nach elf trostlosen Jahren.

Alemannia Aachen wird zumindest zuschauertechnisch in der kommenden Saison in der 3. Liga einen Spitzenplatz einnehmen. 

Wie jedes Jahr gibt’s auch heuer wieder einen kräftigen Wechsel in der 3. Liga. Sieben Teams in der 20er-Liga sind neu. Mit dem SV Wehen Wiesbaden, Hansa Rostock und VfL Osnabrück sind drei Zweitliga-Absteiger fix. Dazu kommen die Regionalliga-Aufsteiger FC Energie Cottbus, Alemannia Aachen, VfB Stuttgart II und Hannover 96 II. Nacheinander stellen wir die Neuen vor, diesmal Alemannia Aachen.

Nach elf Jahren in der viertklassigen Regionalliga West kehrt Alemannia Aachen in die 3. Liga zurück. Nach der Niederlage des Wuppertaler SV am 29. April 2024, den die Schwarz-Gelben am Freitagabend vor einer Leinwand im Tivoli verfolgt hatten, brachen alle Dämme. Drei Spieltage vor dem Saisonende feierten die Alemannen vorzeitig die Meisterschaft und den Aufstieg. Im Heimspiel tags darauf stellte der Traditionsverein zudem einen neuen Zuschauerrekord für die fünfgleisige Regionalliga auf. Gegen den 1. FC Bocholt kamen 31.034 Fans ins Aachener Tivoli-Stadion.

Elf Jahre hatte der Traditionsverein und ehemalige Europapokalteilnehmer darauf gewartet, die Regionalliga nach oben zu verlassen. Dabei gehörten die Aachener bis 2013 zum festen Bestandteil des Profifußballs, konnten bis dahin auf vier Erst- sowie 28 Zweitliga-Jahre und ein Drittliga-Jahr zurückblicken und nahmen 2005 sogar am UEFA-Cup teil. Als die Rückkehr in den professionellen Fußball perfekt war, gehörte zu den ersten Gratulanten Ex-Spieler Erik Meijer. „Aufstieg, endlich, nach all den Jahren. Ich bin sowas von froh, dass ihr es geschafft habt“, sagte Meijer in einer Video-Botschaft an die Aachener Zeitung.

Auch in der Stadt feierten Tausende Fans vor dem Rathaus und in den Kneipen Partys, zündeten Feuerwerk und machten die Nacht zum Tag. Etwa 100 Alemannen waren sogar ins Kölner Südstadion gefahren, um die Wuppertaler Niederlage hautnah zu erleben. „Es ist wahnsinnig, da hat sich nichts geändert. Fans bleiben Fans und wissen immer, den Weg zum Tivoli zu finden. Es ist euch sowas von gegönnt“, sagte Meijer.

Seit 2013 spielte die Alemannia nur noch in der vierten Liga. Zeitweise kamen lediglich 4.000 Fans an den neuen Tivoli, der sich als Millionengrab des Klubs erwies. Doch das Stadion ist längst wieder voll, für die große Aufstiegsparty im Heimspiel gegen den 1. FC Bocholt am Samstag hatte die Alemannia 30.000 Tickets verkauft.

Grüße kamen nach dem Aufstieg auch aus Heidenheim von FCH-Trainer Frank Schmidt, der von 1998 bis 2003 für die „Kartoffelkäfer“ gespielt hatte. „Herzlichen Glückwunsch Alemannia. Ich wünsche euch für die 3. Liga viel Erfolg – auch für die Aufgaben, die sich neu stellen werden“, sagte Schmidt. Sportlich scheint der TSV zumindest gewappnet für höhere Aufgaben, das Team ist seit November ungeschlagen.

Dazu gewann die Alemannia am 25. Mai 2024 im Sportpark Höhenberg das Verbandspokalfinale mit 4:2 gegen den Bonner SC,. Steht damit in der 1. Hauptrunde des DFB-Pokals, was den Schwarz-Gelber zusätzliche Einnahmen beschert.

Ein weiteres Pfand des Teams aus der Kaiserstadt für die Planungen zur 3. Liga sind die Zuschauer. Durchschnittlich 19.708 Zuschauer kamen zu den Heimspielen der Aufstiegssaison. Selbst in der 3. Liga hätten die Aachener damit hinter Dynamo Dresden den 2. Platz belegt.

Nicht nur vom Finanziellen sind die Fans wichtig, sondern auch was die Unterstützung angeht. Trainer Heiner Backhaus machte kein Hehl daraus, dass sie einen wichtigen Beitrag zum Aufstieg geleistet haben. Apropos Backhaus: Sportdirektor Sascha Eller und der Technische Direktor Erdal Celik legten dem Coach, der gerade die UEFA-Pro-Lizenz erwirbt, einen angepassten Vertrag für die 3. Liga vor. Der 42-Jährige ist ein wichtiger Mosaikstein für die Zukunft. Ebenso wie er konnten die Eckpfeiler der Aufstiegsmannschaft gehalten werden, allen voran der Torschützenkönig der Regionalliga West, Anton Heinz. Mit dem 34-jährigen Charlison Benschop, zuletzt beim Wuppertaler SV unter Vertrag, konnte ein routinierter und international erfahrener Stürmer verpflichtet werden.

Ankommen und ordentlich mitspielen, lautet die Devise für die Westfalen. „Im ersten Jahr kann es nur darum gehen, sich in der 3. Liga zu etablieren, sich dort festklammern und reinzubeißen“, erklärt Sportdirektor Eller im kicker. „Allerdings ohne uns zu verstecken. Denn auch wir bringen viel Potential mit in die Liga.“

DATEN & FAKTEN

Name: Alemannia Aachen
Gründung: 16. Dezember 1900
Mitglieder: 8.129 (Stand: 21. Mai 2024)
Vereinsfarben Schwarz-Gelb
Größte Erfolge: Meister Regionalliga West 2024, 1967; Deutscher Vizemeister 1969; DFB-Pokal-Finalist 1953, 1965, 2004; UEFA-Cup-Teilnahme 2005
Stadion: Tivoli (32.960 Plätze)
Homepage:www.alemannia-aachen.de
Social Media: Facebook: @AlemanniaAachen; x.com: @alemannia_ac; Instagram: @alemanniaaachen; YouTube: @alemanniaaachen1900
Trainer: Heiner Backhaus (06.09.2023)
Letzte Saison: 1. Platz Regionalliga West mit 75 Punkten aus 34 Spielen (Torverhältnis: 65:34)
Bester Torschütze: Anton Heinz (20 Treffer)
Bilanz Alemannia gegen Sechzig: 24 Spiele, 8 Siege, 11 Unentschieden, 5 Niederlagen; Torverhältnis: 33:28
Spieler, die für beide Teams aktiv waren: 
u.a. Simon Seferings, Dimitry Imbongo Boele, Sascha Rösler, Lukasz Szukala, Daniel Adlung, Patrick Milchraum, Matthias Lehmann, Emmanuel Krontiris, Quido Lanzaat, Karlheinz Pflipsen

KURIOSES
Der Aachener Traditionsverein musste am 24. November 2012 beim örtlichen Amtsgericht Insolvenz anmelden. Wirtschaftsprüfer waren bei dem Drittligisten auf eine Liquiditätslücke von 4,5 Millionen Euro gestoßen. Für das Saisonende prognostizierten sie gar eine Gesamtverschuldung in Höhe von über zwölf Millionen Euro. Der finanzielle und sportliche Niedergang hatte mit dem Bau des neuen Tivoli-Stadions begonnen, das im August 2009 eingeweiht wurde. Über 50 Millionen Euro kostete die über 32.000 Zuschauer fassende Fußballarena, die von der Alemannia vollständig über Kredite finanziert worden war. Die Tilgungslast von jährlich 4,8 Millionen Euro strangulierte den damaligen Zweiligisten. Die Alemannia stieg am Ende der Saison 2012/2013 als Tabellenletzter in die Regionalliga West ab. Am 21. Januar 2014 wurde das Insolvenzverfahren beendet. Von insgesamt 10.500 Gläubigern hatten 1.800 tatsächlich Forderungen in Höhe von 69 Millionen Euro angemeldet. Je nach Gruppe bekamen sie zwischen einem und 25 Prozent ihrer Forderung ausbezahlt.

TRANSFERS (Stand: 01.06.2024)
Zugänge:
 Charlison Benschop (Wuppertaler SV), Soufiane El-Faouzi (Fortuna Düsseldorf II), Felix Meyer (BFC Dynamo), Ismail Harnafi (1. FC Düren)
Abgänge: Noah Förster (Fortuna Düsseldorf II)

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