Die Rückkehr in die Bundesliga wurde auch in der Saison 1971/1972 mit Platz drei verpasst. Vor allem die Sturmflaute machte dem Team von Trainer Hans Tilkowski in dieser Saison zu schaffen. Mit 62 Toren erzielten sie 37 weniger als Meister Offenbach. Seine letzte Spielzeit für die Löwen spielte Hansi Rebele. Mit 29 Jahren verließ der Nationalspieler den Verein Richtung Innsbruck.
Für den zweiten Anlauf, die Rückkehr in die Bundesliga zu packen, verpflichtete der TSV 1860 wie ihm Jahr zuvor zehn neue Spieler. Diesmal schien mehr Qualität darunter zu sein. Das war möglich, weil Präsident Franz Sackmann die gröbsten Finanzsorgen lösen konnte. So kam u.a. von Hannover 96 Torhüter Bernd Helmschrot, von Rot-Weiss Oberhausen Dieter Brozulat und vom VfR Mannheim Hans-Dieter Zahnleiter. Außerdem stieg das große Talent Hans-Dieter „Datschi“ Seelmann aus dem eigenen Nachwuchs in die erste Mannschaft auf.
Die Saison begann vielversprechend. 8:0 Punkte fuhren die Sechziger aus den ersten vier Spielen ein, da dachte niemand mehr an die peinliche 1:7-Niederlage im Derby gegen die Bayern am 6. August 1971. Bei dem, obwohl es nur ein Freundschaftsspiel war, immerhin 40.000 Besucher auf Giesings Höhen erschienen waren.
Erst am 11. Spieltag setzte es mit 0:2 in Schweinfurt die erste Niederlage, aber das warf die Löwen nicht um – auf Platz drei beendeten sie punktgleich mit dem Zweiten, Bayern Hof, und einen Zähler hinter Spitzenreiter Offenbach mit 29:9-Punkten die Vorrunde. Die Löwen waren im Soll.
Aber anstatt nach der Winterpause anzugreifen konnte das Tilkowski-Team keines der ersten vier Rückrundenspiele gewinnen. Die Löwen-Fans, die nach der schwachen Vorsaison wieder reichlich ins Grünwalder Stadion strömten, wurden nervös und unruhig. In Reutlingen ließen sie schließlich ihren Aggressionen freien Lauf, sie stürmten den Platz, nachdem ein Tor von Schorsch Metzger nicht gegeben worden war. Die Löwen verloren 0:1.
Sechs Spieltage vor Schluss gab Hans Tilkowski die Hoffnung auf das Erreichen der Aufstiegsrunde auf. „Mit solchen Stürmern, die wir haben, kannst du keinen Blumentopf gewinnen.“ Zu früh resigniert? Denn drei Spieltage vor dem Ende lagen die Sechzger plötzlich wieder nur einen Punkt hinter Hof auf Rang drei. Doch die aufkeimende Hoffnung bei den Löwen-Fans wurde auf der ganzen Linie enttäuscht. Die letzten drei Saisonspiele wurden allesamt verloren.
Mit 19:7-Punkten aus der Rückrunde und sechs Zählern Rückstand auf Platz zwei wurden die Sechzger Dritter. Und Trainer Tilkowski warnte: „1860 steht am Scheideweg. Wenn wir uns jetzt nicht verstärken, versinkt der Verein in der Mittelmäßigkeit der Regionalliga.“ Wenigstens kamen die Fans wieder reichlicher zu den Heimspielen – auch dank der guten Vorrunde. Hatte man in der Vorsaison nur knapp die 10.000er Grenze überschritten, waren diesmal im Schnitt 16.000 Zuschauer im Grünwalder Stadion
KURIOSES
Kein Torjäger in Sicht
Ein Grund, dass es auch im zweiten Anlauf nicht zur Bundesliga-Rückkehr reichte, lag am fehlenden Torjäger von Format. Mit Schorsch Metzger, Erich Weixler und Peter Zacher waren die Löwen auf den Außenpositionen gut besetzt, aber in der Mitte mangelte es an einem Vollstrecker. Manfred Purucker, der 1970 aus Selb gekommen war und fußballerisch große Defizite aufwies, war der einzige mit Abschlussqualitäten. Der Mann mühte sich zwar nach Kräften und kämpfte wie ein Berserker, aber die Löwen-Fans trauerten einem Rudi Brunnenmeier oder Klaus Fischer hinterher.
Abschied des letzten Meisterspielers
Mit dem Saisonende war auch für Hansi Rebele das Kapitel 1860 endgültig beendet. Obwohl er erst 29 Jahre alt war, verließ er den Verein zum zweiten Mal, nachdem er schon 1969 für ein Jahr in die Amateurliga abgewandert war. „Damals hatte ich die Schnauze vom Profi-Fußball auf einmal einfach voll“, so Rebele. Sein Weggang diesmal hatte andere Gründe. Wieder waren finanzielle Versprechungen nicht eingehalten worden, eine Erfahrung, die er schon 1963 und 1964 gemacht hatte, als ihm das vereinbarte Handgeld nicht ausgezahlt worden war. Rebele: „Die Spieler, die aus der eigenen Jugend kamen, waren halt immer die Blöden“, kommentierte der Nationalspieler, der zu Wacker Innsbruck wechselte und noch drei Jahre Spielte. Mit den Tirolern gewann er 1973 und 1975 jeweils die Österreichische Meisterschaft und den nationalen Pokal.
INTERVIEW MIT ERICH WEIXLER
Erich Weixler absolvierte zwischen 1971 und 1973 57 Regionalliga-Spiele für die Löwen, erzielte als Linksaußen 13 Tore. Dazu kam er fünf Mal im SFV-Pokal (1 Tor) zum Einsatz. Danach wechselte der gebürtige Augsburger zurück in seine Heimatstadt zum FCA. Mit 30 Jahren beendete er 1976 seine Laufbahn bei der SpVgg Weiden.
Sie sind Augsburger. Wie kamen Sie überhaupt zu den Löwen?
Erich Weixler: In der Saison 1970/1971 spielte ich mit den Stuttgarter Kickers – mein damaliger Verein – gegen Sechzig. Wir gewannen zu Hause 2:1 und ich hatte gegen meinen Gegenspieler Hans-Günter Kroth einen sehr guten Tag erwischt. Nach dem Spiel kam Manfred Amarell auf mich zu und sagte, ich soll doch bitte am nächsten Tag auf der Geschäftsstelle anrufen. Die Verhandlungen gingen dann relativ schnell über die Bühne, so dass ich 1971 bei den Löwen gelandet bin.
Wie lief die Saison für Sie persönlich und die Mannschaft?
Weixler: Persönlich habe ich eigentlich eine gute Saison gespielt. Mit 35 Einsätzen hatte ich nach Bernd Helmschrot die meisten, mit acht Treffern lag ich nur vier hinter dem besten Torschützen, Schorsch Metzger. Für mich war es eine tolle Zeit bei Sechzig, denn im Vergleich zu anderen Vereinen waren die Löwen schon damals professionell geführt. Der Aufstieg schien vorprogrammiert. Wir sind dann aber knapp gescheitert, wurden nur Dritter. Dabei hatten wir eine gute Mannschaft. Aber das unbedingte Aufsteigen-Müssen hat uns gelähmt. Die anschließende Enttäuschung war natürlich riesengroß. Die Situation ist vergleichbar mit der heutigen.
Sie waren nach ihrer Karriere lange als Spieler in der 1860-Traditionsmannschaft aktiv...
Weixler: Ja, da waren wir sehr viel unterwegs, u. a. auch zwei Mal in den USA, einmal 14 Tage Ostküste, einmal 14 Tage Westküste. Das waren schon tolle Erlebnisse. Aber mit dem Alter wurde es immer schwieriger. Die Gegenspieler waren zum Teil 25, 30 Jahre jünger. Mit 60 Jahren habe ich mich immer mehr aufs Golfen verlegt.